Original erschienen bei REFINERY29.
Seit acht Monaten bin ich nicht mehr nur Frau, sondern auch Mama. Ersteres ein bisschen weniger, letzteres ein bisschen mehr, zumindest scheint mich mein Umfeld so wahrzunehmen. Das Problem ist nicht neu: Mamasein und gleichzeitig Fraubleiben ist alles andere als leicht. Nicht nur, dass man sich selbst neu sieht, es ist vor allem, dass man von anderen neu gesehen wird. Warum das so ist? Vielleicht, weil Frau gerade im ersten Jahr kaum ohne Anhängsel in der Öffentlichkeit unterwegs ist. Ein Baby zieht oft alle Aufmerksamkeit auf sich (Niedlichkeitsfaktor olé), die Frau ist da oft nur Beiwerk und wird allerhöchstens als die Mama wahrgenommen, über die dann auch nicht selten nur noch in der dritten Person mit dem Kind gesprochen wird: Lässt du die Mama auch schlafen? Oder: Hältst du die Mama ordentlich auf Trab? Man kann es den Menschen ja kaum verübeln, sie sind ja auch wirklich zum Anbeißen. Und doch: jeden Tag Mama, 24 Stunden – das hält keine Frau auf Dauer aus. Wenn ich dann Hilfe suchend Freunde ohne Kinder treffe, sind es jedoch oft genau sie, die kein anderes Thema mehr kennen, während ich mich nur danach sehne, endlich mal wieder über etwas anderes zu sprechen, wirklich alles bitte, nur nicht über wunde Babypopos oder schlaflose Nächte.
Während die Schwangerschaft heute als Sinnbild für die Urweiblichkeit schlechthin gilt und modisch dementsprechend stolz und freizügig zelebriert werden darf, verschwindet Frau danach auf mysteriöse Art und Weise vom Radar der Modemacher. Solange der Nachwuchs noch im Bauch ist, verändert sich ja auch erst nur der Körper und es bleibt weiterhin genügend Zeit für die eigene Garderobe. Auf allen einschlägigen Social-Media-Kanälen gibt es daher Kugelbäuche in stilbewussten Outfits en masse – schließlich haben sich auch viele Labels längst auf diese einmalige Phase im Leben einer Frau spezialisiert. Sobald das Baby dann aber da ist, stehen andere Dinge auf der Tagesordnung: Windeln wechseln, Stillen, Wäsche waschen. Modisch werden Frauen dabei irgendwo zwischen Nachthemd, Baumwollmieder und wetterfester Funktionskleidung angesiedelt, kurzum: in einer haarsträubenden modischen Grauzone.So oder so ähnlich jedenfalls die Meinung von außen. Gott sei Dank stimmt das aber nur zum Teil. Denn ein Kind zu haben, bedeutet keineswegs, sich als Frau aufgeben zu müssen. Im Gegenteil. Vielmehr strotzen wir gerade jetzt nur so vor weiblicher Energie und dem ungebrochenen Wunsch, diese auch zu zeigen. Natürlich darf es hin und wieder etwas komfortabler und praktischer sein. Natürlich spielt Zeit eine Rolle und natürlich haben wir davon etwas weniger als früher. Aber gerade an Tagen, an denen wir uns nicht ganz so fantastisch fühlen, kann ein lässiges Outfit wahre Wunder wirken!Dass Muttersein und Mode nicht ganz und gar Neuland füreinander sind, bewies jüngst die Septemberausgabe der französischen „Glamour“. Ihr Cover zierte das Bild einer Mutter mit Tochter, beide top-modisch gekleidet. Und auch Dolce & Gabbana zelebrierten 2015 auf der Mailänder Fashion Week eine Verbeugung an die Mütter dieser Welt, indem sie die Models in Begleitung von Kindern über den Laufsteg schickten. Ihre Kollektion hatten sie dabei von vorne bis hinten dem Muttersein verschrieben. Slogans wie „Je t'aime Maman“ oder „Ti voglio bene mamma“ zierten die verspielten Designs. Aber auch andere Labels erkennen nach und nach, wie wichtig es ist, Mütter zur Zielgruppe zu erklären. Ihre Macher? Zumeist selbst Mütter! Überhaupt haben Mamas dieser Tage eine ganz andere Präsenz als noch vor wenigen Jahren. Als Mom Preneurs oder Working Moms bekommen sie vor allem beruflich derzeit tüchtig Aufwind und beweisen, dass man das traditionelle Mutterbild inzwischen ordentlich Staub angesetzt hat. Schauen wir uns ein paar modisch relevante Gegenbeispiele:
So machen Womom aus München gerade mit ihren Statement-Shirts und Sweatern gehörig auf sich aufmerksam, frei nach dem Motto: „Frau bleibt Frau – egal, in welcher Lebenssituation sie gerade ist“. Sie sehen das Muttersein als Teil der weiblichen Identität, egal, ob wir uns am Ende dafür oder dagegen entscheiden, diesen auch zu leben. Diese einfache wie prägnante Message versteckt sich bereits in ihrem Markennamen: „be a mom, be a woman – be a womom“. Das gelingt den drei Macherinnen mit viel Humor und modischem Know-How. Übrigens ist mit Kerstin nur Drittel des Teams selbst Mutter.
Das romantische Pendant dazu kommt aus – wie sollte es anders sein – Kalifornien und hört auf den possierlichen Namen Doên. Mit verspielten, Vintage inspirierten Designs richtet sich das Label vor allem an die Freigeister unter den Müttern. Ihren lässigen Mama-Style zelebrieren die Kalifornier am liebsten im Partnerlook mit ihren Minis. So hält es auch das Label Nico Nico Clothing. Mit spielerischer Leichtigkeit stehen sie für nachhaltige Zeitlosigkeit mit einem unnachahmlichen Gespür für Trends. Vergleichbares gibt es von dem französischen Label Polder. Deren klassisch-eleganten Looks werden ergänzt von einer Kids-Collection, mit der die Minis den Mamas modisch nacheifern können.
Und natürlich gibt es Tage, an denen eine Mutter froh ist, sich morgens nur eine Jogginghose und einen Pulli überzuwerfen. Damit selbst der Gammellook zukünftig von einer gewissen Stilkompetenz zeugt, bieten sich dafür die Sweater von Aswell an, die es ebenfalls gleich im Partnerlook mit dem Nachwuchs gibt. Mit bockendem Kind an der Supermarktkasse, zaubert Frau in dem Aufzug dann selbst den genervtesten Passanten noch ein Lächeln ins Gesicht. Nicht ganz so auffällig, dafür aber nicht weniger liebevoll sind die Shirts und Pullover von Emoi-Emoi aus Frankreich mit Aufschriften wie „Surf en famille“ oder „Maman louve“ wird dem Tun von Mama und Papa mit französischer Stilsicherheit modisch Tribut gezollt. Für alle, die es poppiger mögen, seien die Warhol-esquen Designs von Blune Paris ans Herz gelegt. Die bunten Designs sorgen ganz ohne lustige Aufschriften im ohnehin oft unterhaltsamen Familienalltag für jede Menge gute Laune, und das bei Groß wie Klein.
Foto: Instagram Womom Label